DIE SCHATTEN DER VERGANGENHEIT

In dieser Nacht saß Eragon nachdenklich an dem kümmerlichen Feuer und kaute auf einem Löwenzahnblatt herum. Ihre Mahlzeit hatte aus verschiedenen Wurzeln, Samen und Grünzeug bestanden, die Arya in der Umgebung gesammelt hatte. Roh und ungewürzt war das Ganze nicht sehr schmackhaft gewesen, aber er hatte sich zurückgehalten, das Mahl mit einem Vogel oder Kaninchen zu verfeinern, die es hier in Hülle und Fülle gab, weil er nicht wollte, dass Arya ihn schief ansah. Überdies war ihm nach dem Gemetzel mit den Soldaten der Gedanke unerträglich, schon wieder ein Leben zu opfern, und sei es auch nur das eines Tieres.
Es war schon spät und sie würden am nächsten Morgen früh aufbrechen müssen, trotzdem machte er keine Anstalten, sich schlafen zu legen, und Arya auch nicht. Sie saß rechts von ihm, hatte die Arme um die angezogenen Beine geschlungen und das Kinn auf die Knie gestützt. Ihr Rock lag um sie herum wie windzerzauste Blütenblätter.
Das Kinn weit auf die Brust gesenkt, massierte Eragon sich die rechte Hand mit der linken, um einen tief liegenden Schmerz zu vertreiben. Ich brauche ein Schwert, dachte er. Abgesehen davon wäre irgendein Handschutz nicht schlecht, damit ich mich nicht jedes Mal zum Krüppel mache, wenn ich jemanden schlagen muss. Das Problem ist nur, ich bin inzwischen so stark, dass ich Handschuhe mit einer mehreren Zoll dicken Polsterschicht bräuchte, was ziemlich albern aussähe. Sie wären viel zu unhandlich und zu warm. Außerdem kann ich ja nicht für den Rest meines Lebens mit Handschuhen herumlaufen. Stirnrunzelnd zog er an seinen Fingerknochen und beobachtete das Spiel des Lichts auf seinen Händen, fasziniert von der Beweglichkeit seines Körpers. Und was passiert, wenn ich mit Broms Ring am Finger in einen Kampf gerate? Die Elfen haben ihn gemacht, also muss ich mich wohl nicht darum sorgen, dass der Saphir zerbrechen könnte. Aber wenn ich mit dem Ring am Finger zuschlüge, würde ich mir nicht nur ein paar Gelenke ausrenken, sondern mir sämtliche Knochen meiner Hand zertrümmern... und möglicherweise wäre ich nicht in der Lage, den Schaden zu reparieren... Er ballte die Hände zu Fäusten, drehte sie hin und her und beobachtete, wie die Schatten zwischen seinen Fingerknöcheln abwechselnd dunkler und heller wurden. Vielleicht könnte ich einen Zauber erfinden, der jeden zu schnellen Gegenstand daran hindert, meine Hände zu berühren. Moment, nein, das ist Unsinn. Wenn es nun ein Felsbrocken ist? Oder ein Berg? Ich würde mich bei dem Versuch, ihn aufzuhalten, umbringen.
Wenn also weder Handschuhe noch Magie funktionieren, hätte ich gern ein Paar von den Ascûdgamln der Zwerge, ihren »Stahlfäusten«. Schmunzelnd erinnerte er sich daran, dass der Zwerg Shrrgnien an jedem Fingerknöchel, mit Ausnahme der Daumen, einen in eine Metallfassung eingeschraubten Stahlstift besaß. Diese Nieten erlaubten es ihm, ohne große Angst vor Schmerzen auf alles einzuschlagen, was er wollte. Und bequem war das Ganze auch, denn er konnte sie bei Bedarf herausschrauben. Die Vorstellung gefiel Eragon, aber er hatte nicht vor, sich Löcher in die Fingerknöchel zu bohren. Außerdem, dachte er, sind meine Knochen dünner als Zwergenknochen, wahrscheinlich zu dünn, um die Fassungen anzubringen, ohne dass die Funktion der Gelenke beeinträchtigt wird... Also sind Ascûdgamln keine gute Idee, aber vielleicht kann ich ja stattdessen...
Er beugte sich dicht über seine Hände und flüsterte: »Thaefathan.«
Seine Handrücken begannen zu kribbeln und zu brennen, als wäre er in Brennnesseln gefallen. Das Gefühl war so intensiv, dass er am liebsten aufgesprungen wäre und sich wie verrückt gekratzt hätte. Unter Aufbietung all seiner Willenskraft beherrschte er sich und sah zu, wie seine Fingerknöchel anschwollen und sich über jedem von ihnen ein halber Zoll dicker weißer Wulst bildete. Es erinnerte ihn an die hornartigen Ablagerungen, die an der Innenseite von Pferdebeinen entstanden. Als er mit der Größe der Höcker zufrieden war, ließ er den magischen Energiestrom versiegen und betastete die neu entstandene Gebirgslandschaft auf seinen Händen.
Sie fühlten sich jetzt schwerer und steifer an als vorher, aber er konnte die Finger immer noch voll bewegen. Das ist vielleicht hässlich, dachte er und rieb mit den rauen Vorsprüngen auf seiner rechten Hand über die Handfläche der Linken, und die Leute werden mich vielleicht auslachen, wenn sie es bemerken, aber das macht nichts. Hauptsache, es erfüllt seinen Zweck und erhält mich im Notfall am Leben.
Gespannt hieb er mit der Hand gegen einen Felsbrocken, der zwischen seinen Beinen aus dem Boden ragte. Der Aufprall stauchte seinen Arm und erzeugte einen dumpfen Laut, bereitete ihm aber nicht mehr Schmerzen, als wenn er auf ein mit mehreren Stofflagen gepolstertes Brett geschlagen hätte. Dadurch ermutigt, holte er Broms Ring aus seinem Bündel und steckte den kühlen Goldreif an. Dabei überzeugte er sich, dass der anschließende Höcker höher war als die Ringfassung. Dann hieb er erneut gegen den Stein. Es gab lediglich ein leises Geräusch wie von Leder, das auf etwas Hartes trifft.
»Was machst du da?« Arya spähte durch einen Schleier schwarzen Haares zu ihm herüber.
»Nichts.« Dann streckte er ihr die Hände hin. »Ich dachte, es sei eine gute Idee, da ich wahrscheinlich wieder einmal zuschlagen muss.«
Die Elfe betrachtete seine Fingerknöchel. »Damit wirst du Schwierigkeiten haben, Handschuhe zu tragen.«
»Ich kann sie ja zur Not aufschneiden.«
Sie nickte und starrte wieder ins Feuer.
Eragon lehnte sich auf die Ellbogen zurück und streckte die Beine aus, zufrieden, dass er jetzt auf alles vorbereitet war, was ihm in unmittelbarer Zukunft an Kämpfen bevorstehen mochte. Weiter wagte er vorläufig nicht zu denken. Ansonsten würde er sich nur wieder fragen, wie er und Saphira mit Murtagh oder Galbatorix fertig werden sollten, und Panik würde ihm ihre eiskalten Klauen ins Fleisch schlagen.
Er heftete den Blick auf das Zentrum des flackernden Feuers. Dort, in dem flirrenden Inferno, suchte er zu vergessen, welche Pflichten und welche Verantwortung auf ihm lasteten. Doch das unaufhörliche Tänzeln der Flammen versetzte ihn bald in einen Zustand zwischen Wachen und Träumen, in dem unzusammenhängende Bruchstücke von Gedanken, Geräuschen, Bildern und Empfindungen durch seinen Kopf wirbelten wie Schneeflocken am Winterhimmel. Und inmitten dieses Schneetreibens tauchte das Gesicht des Soldaten wieder auf, der um sein Leben gebettelt hatte. Wieder sah Eragon ihn weinen und wieder hörte er sein verzweifeltes Flehen und wieder spürte er, wie sein Genick brach wie ein nasser Ast im Wald.
Gequält von diesen Erinnerungen, biss Eragon die Zähne zusammen und atmete schwer durch die Nase. Kalter Schweiß brach ihm am ganzen Körper aus. Er warf sich hin und her und versuchte verzweifelt, den hartnäckigen Geist des Soldaten zu vertreiben, aber es nützte nichts. Lass mich in Ruhe!, rief er. Ich kann nichts dafür. Galbatorix solltest du heimsuchen, nicht mich. Ich wollte dich nicht umbringen!
Irgendwo in der Dunkelheit heulte ein Wolf. Aus verschiedenen Richtungen antwortete eine Anzahl anderer Wölfe, deren Stimmen sich zu einer dissonanten Melodie verbanden. Der schaurige Gesang ließ Eragons Kopfhaut kribbeln und er bekam eine Gänsehaut. Dann verschmolz das vielstimmige Geheul einen Moment lang zu einem einzelnen Ton, der dem Schlachtruf eines angreifenden Kull glich.
Eragon rutschte unbehaglich hin und her.
»Was ist los?«, fragte Arya. »Sind es die Wölfe? Sie tun uns nichts. Sie bringen bloß ihren Welpen bei, wie man jagt, und sie werden ihre Jungen nicht an Geschöpfe heranlassen, die so seltsam riechen wie wir.«
»Es sind nicht die Wölfe da draußen«, erwiderte Eragon und schlang sich die Arme um den Leib. »Es sind die da drin.« Er tippte sich an die Stirn.
Arya nickte. Es war eine ruckartige, vogelähnliche Bewegung, die verriet, dass sie kein Mensch war, auch wenn sie menschliche Gestalt angenommen hatte. »Das ist immer so. Die Ungeheuer in uns sind viel schlimmer als die real existierenden. Angst, Zweifel und Hass haben schon mehr Menschen gelähmt, als es Tiere je vermocht hätten.«
»Und Liebe«, sagte er.
»Und Liebe«, gab sie zu. »Und auch Habgier und Neid und jeder andere zwanghafte Trieb, für den die fühlenden Völker empfänglich sind.«
Eragon musste an Tenga denken, der ganz allein in dem zerstörten Elfenaußenposten Edur Ithindra lebte, gebeugt über seinen kostbaren Schatz alter Schriften, auf der Suche, immer auf der Suche nach der flüchtigen »Antwort«. Doch er zögerte, den Eremiten Arya gegenüber zu erwähnen, denn ihm war jetzt nicht danach zumute, über diese seltsame Begegnung zu reden. Stattdessen fragte er sie: »Macht es dir etwas aus zu töten?«
Aryas grüne Augen wurden schmal. »Weder ich noch der Rest meines Volkes essen Fleisch, weil wir es nicht ertragen können, einer anderen Kreatur Schmerzen zuzufügen, um unseren Hunger zu stillen, und da hast du die Unverschämtheit zu fragen, ob es uns etwas ausmacht zu töten? Kennst du uns wirklich so schlecht, dass du uns für eiskalte Mörder hältst?«
»Nein, natürlich nicht«, protestierte er. »Das habe ich nicht gemeint.«
»Dann sag, was du meinst, und werde nur beleidigend, wenn es auch deine Absicht ist.«
Eragon wählte seine Worte jetzt mit mehr Bedacht. »Ich habe Roran dieselbe Frage gestellt, bevor wir den Helgrind angegriffen haben, oder eine ganz ähnliche. Was ich wissen möchte, ist: Wie fühlst du dich, wenn du tötest? Was sollte man fühlen?« Er starrte finster ins Feuer. »Siehst du die Krieger, die du überwältigt hast, wie sie dich anstarren, so wirklich, wie ich jetzt vor dir sitze?«
Arya zog die Arme fester um die Knie, ihr Blick nachdenklich. Eine Flamme loderte empor, als einer der Nachtfalter, die das Lager umschwirrten, verbrannte. »Gánga«, murmelte sie und zeigte mit dem Finger in die Dunkelheit. Flaumweiche Flügel flatterten auf und die restlichen Falter flogen davon. Ohne den Blick von dem Haufen brennender Zweige zu wenden, begann sie: »Neun Monate, nachdem ich Botschafterin wurde, übrigens die einzige Botschafterin meiner Mutter, um die Wahrheit zu sagen, reiste ich von den Varden in Farthen Dûr zur Hauptstadt von Surda, was damals noch ein neues Land war. Bald nachdem meine Begleiter und ich das Beor-Gebirge verlassen hatten, trafen wir auf eine Bande umherstreifender Urgals. Wir waren bereit, die Schwerter stecken zu lassen und unseren Weg fortzusetzen. Aber wie es ihre Art ist, bestanden die Urgals darauf, Ruhm und Ehre zu erwerben, um ihr Ansehen bei ihren Stämmen zu verbessern. Unsere Truppe war stärker als ihre - denn Weldon, Broms Nachfolger als Anführer der Varden, war bei uns -, und es fiel uns nicht schwer, sie in die Flucht zu schlagen... An diesem Tag habe ich zum ersten Mal ein Leben ausgelöscht. Das hat mich noch wochenlang verfolgt, bis mir klar wurde, dass ich verrückt werden würde, wenn ich immer weiter darüber nachdächte. Das passiert vielen, und sie werden darüber so verbittert, dass kein Verlass mehr auf sie ist oder ihr Herz versteinert und sie die Fähigkeit verlieren, richtig und falsch voneinander zu unterscheiden.«
»Wie bist du damit fertig geworden?«
»Ich habe mich gefragt, warum ich töte, und festgestellt, dass meine Motive ehrenwert sind. Dann fragte ich mich, ob unsere Sache so wichtig ist, dass ich sie weiter unterstützen will, auch wenn das voraussichtlich von mir verlangen würde, wieder zu töten. Schließlich beschloss ich, mir immer, wenn ich an die Toten denken musste, vorzustellen, ich säße im Garten der Tialdarí-Halle.«
»Hat es funktioniert?«
Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und steckte sie hinter eins ihrer runden Ohren. »Ja. Das einzige Mittel gegen das zersetzende Gift der Gewalt ist, Frieden in sich selbst zu suchen. Es ist nicht leicht, sich dieses Heilmittel zu verschaffen, aber es lohnt sich.« Sie hielt inne und fügte dann hinzu: »Atmen hilft auch.«
»Atmen?«
»Langsames, gleichmäßiges Atmen, als würdest du meditieren. Das ist eine der wirksamsten Methoden, um sich zu beruhigen.«
Eragon befolgte ihren Rat und begann, ganz bewusst ein- und auszuatmen. Dabei achtete er darauf, das Tempo nicht zu verändern und jedes Mal vollständig auszuatmen. Nach einer Minute löste sich der Knoten in seinem Magen, sein finsterer Blick entspannte sich und die Gegenwart seines gefallenen Gegners war nicht mehr so übermächtig... Die Wölfe heulten erneut, aber nach einem kurzen Anflug von Beklommenheit hörte er ihnen ohne Angst zu, denn ihr Gebell machte ihn nicht mehr nervös. »Danke«, sagte er.
Arya antwortete mit einem anmutigen Neigen des Kinns.
Eine Viertelstunde lang herrschte Schweigen, bis Eragon schließlich sagte: »Urgals.« Er ließ die Äußerung eine Weile im Raum stehen, ein verbaler Monolith der Ambivalenz. »Was hältst du davon, dass Nasuada ihnen erlaubt, sich den Varden anzuschließen?«
Arya hob einen Zweig am Rand ihres ausgebreiteten Rockes auf, rollte ihn zwischen den Fingern hin und her und betrachtete das krumme Stück Holz, als berge es ein Geheimnis. »Das war eine mutige Entscheidung und ich bewundere sie dafür. Sie handelt immer zum Besten der Varden, ganz gleich was es sie kostet.«
»Sie hat viele Varden verärgert, als sie Nar Garzhvogs Angebot angenommen hat.«
»Und mit der Probe der Langen Messer hat sie ihre Loyalität zurückgewonnen. Nasuada ist sehr klug, wenn es darum geht, ihre Position zu behaupten.« Arya schnippte den Zweig ins Feuer. »Ich hege keine Sympathien für die Urgals, aber ich hasse sie auch nicht. Anders als die Ra’zac sind sie nicht von Grund auf böse, eher versessen auf Kriege. Das ist ein erheblicher Unterschied, auch wenn das für die Familien ihrer Opfer kein Trost ist. Wir Elfen haben auch schon mit Urgals verhandelt und werden es notfalls wieder tun. Trotzdem ist es ein zweckloses Unterfangen.«
Sie musste ihm nicht erklären, warum. Viele der Schriftrollen, die Oromis Eragon zu lesen gegeben hatte, widmeten sich den Urgals. Ganz besonders eine: Die Reisen des Gnaevaldrskald. Sie hatte ihn darüber belehrt, dass die gesamte Kultur der Urgals auf Heldentaten in der Schlacht beruhte. Männliche Urgals konnten nur durch Überfälle auf andere Dörfer Ruhm und Ansehen erlangen - dabei spielte es keine große Rolle, ob es sich um Urgal-, Menschen-, Elfen- oder Zwergendörfer handelte - oder durch Zweikämpfe mit ihren Rivalen, manchmal bis zum Tod. Und wenn es an der Zeit war, einen Gefährten zu wählen, weigerten sich Urgalfrauen, einen Artgenossen in Betracht zu ziehen, der nicht wenigstens drei Gegner geschlagen hatte. So blieb jeder neuen Urgalgeneration nichts anderes übrig, als sich gegenseitig herauszufordern und das Land nach Gelegenheiten zu durchkämmen, ihren Mut unter Beweis zu stellen. Diese Tradition war so tief verwurzelt, dass jeder Versuch, sie abzuschaffen, scheiterte. Immerhin bleiben sie sich selbst treu, überlegte Eragon. Das ist mehr, als die meisten Menschen von sich behaupten können.
»Wie kam es«, fragte er, »dass Durza dich, Glenwing und Fäolin zusammen mit Urgals überfallen konnte? Hattet ihr keine Schutzzauber, um euch vor körperlichen Angriffen zu bewahren?«
»Die Pfeile waren verzaubert.«
»Waren die Urgals denn Magier?«
Arya schloss die Augen und schüttelte seufzend den Kopf. »Nein. Es war irgendeine schwarze Magie, die Durza gewirkt hatte. Er hat sich damit gebrüstet, als ich in Gil’ead war.«
»Ich weiß gar nicht, wie du dich so lange gegen ihn wehren konntest. Ich habe ja gesehen, was er dir angetan hat.«
»Es... es war nicht einfach. Ich habe die Qualen, die er mir auferlegte, als Probe meiner Hingabe an die Sache angesehen, als Chance, zu beweisen, dass ich keinen Fehler gemacht hatte und des Yawë-Zeichens würdig war. Insofern habe ich die harte Prüfung begrüßt.«
»Aber selbst Elfen sind nicht immun gegen Schmerz. Es ist erstaunlich, dass du den Standort Ellesméras all die Monate vor ihm geheim halten konntest.«
Ein Anflug von Stolz schwang in ihrer Stimme mit, als sie hinzufügte: »Nicht nur den Standort Ellesméras, auch wo ich Saphiras Ei hingeschickt hatte, meinen Wortschatz in der alten Sprache und alles andere, was für Galbatorix von Nutzen hätte sein können.«
Das Gespräch brach ab, zögernd begann es Eragon erneut: »Denkst du viel daran, was du in Gil’ead durchgemacht hast?« Als sie nicht reagierte, fügte er hinzu: »Du redest nie darüber. Du erzählst zwar bereitwillig, wie sie dich gefangen genommen haben, aber du erwähnst nie, wie es für dich war oder wie du es heute empfindest.«
»Schmerz ist Schmerz«, erwiderte sie. »Das muss man nicht extra beschreiben.«
»Richtig, aber es zu verdrängen, kann dir tiefere Wunden zufügen als die ursprüngliche Verletzung... Niemand kann so etwas überstehen, ohne Schaden zu nehmen. Zumindest nicht seelisch.«
»Warum nimmst du an, dass ich mich nicht bereits jemandem anvertraut habe?«
»Wem denn?«
»Spielt das eine Rolle? Ajihad, meiner Mutter, einer Freundin in Ellesméra...«
»Vielleicht irre ich mich ja«, sagte er, »aber du wirkst nicht, als hättest du so enge Vertraute. Du bist immer allein, wo du auch hingehst, sogar unter deinen eigenen Leuten.«
Arya verzog keine Miene. Ihre Ausdruckslosigkeit war so vollkommen, dass Eragon sich fragte, ob sie überhaupt noch antworten würde. Als der Zweifel gerade zur Gewissheit geworden war, flüsterte sie auf einmal: »Das war nicht immer so.«
Eragon wagte nicht, sich zu rühren, aus Angst, sie könnte wieder verstummen.
»Einst hatte ich jemanden, mit dem ich reden konnte, jemanden, der verstand, wer ich war und woher ich kam. Einst … Er war älter als ich, aber wir waren verwandte Seelen. Beide neugierig auf die Welt jenseits unseres Waldes, voller Entdeckerdrang. Wir brannten darauf, gegen Galbatorix zu kämpfen. Wir ertrugen es beide nicht, in Du Weldenvarden zu bleiben - zu lernen, Zauber zu wirken und unsere eigenen Pläne zu verfolgen -, während der Drachentöter, das Verderben der Drachenreiter, nach einem Weg suchte, unser Volk zu erobern. Er gelangte später zu diesem Schluss als ich - Jahrzehnte, nachdem ich meinen Posten als Botschafterin angenommen hatte, und ein paar Jahre, bevor Hefring Saphiras Ei stahl -, aber von da an erbot er sich, mich zu begleiten, wohin mich Islanzadis Befehl schicken würde.« Sie blinzelte und ihre Kehle zuckte. »Ich wollte das nicht, aber die Idee gefiel der Königin, und er war so überzeugend...« Sie schürzte die Lippen und blinzelte erneut und ihre Augen leuchteten ungewohnt hell.
So behutsam er konnte, fragte Eragon: »War es Fäolin?«
»Ja«, sagte sie und es hörte sich fast an wie ein Stoßseufzer.
»Hast du ihn geliebt?«
Arya warf den Kopf zurück und blickte zum glitzernden Sternenhimmel empor, ihr langer Hals vom Licht des Feuers vergoldet, das Gesicht bleich im fahlen Licht des Himmels. »Fragst du das aus freundschaftlicher Anteilnahme oder aus eigenem Interesse?« Sie stieß ein kurzes, ersticktes Lachen aus, das sich anhörte wie Wasser, das auf kalten Fels trifft. »Schon gut. Die Nachtluft verwirrt mich. Sie hat mir die Höflichkeit ausgetrieben, und jetzt sage ich die gehässigsten Dinge, die mir einfallen.«
»Macht nichts.«
»Doch, denn es tut mir leid und ich sollte mich nicht so gehen lassen. Ob ich Fäolin geliebt habe? Wie würdest du Liebe definieren? Wir sind mehr als zwanzig Jahre zusammen gereist, die einzigen Unsterblichen unter den kurzlebigen Völkern. Wir waren Weggefährten... und Freunde.«
Ein Anfall von Eifersucht traf Eragon. Er kämpfte dagegen an, unterdrückte das Gefühl und versuchte, es loszuwerden, aber es gelang ihm nicht ganz. Ein kleiner Rest, wie ein Splitter unter der Haut, blieb zurück.
»Mehr als zwanzig Jahre«, wiederholte Arya. In die Betrachtung des Sternenhimmels versunken, wiegte sie sich vor und zurück und schien Eragon gar nicht mehr wahrzunehmen. »Und dann hat mir Durza all das in einem einzigen Augenblick genommen. Fäolin und Glenwing waren die ersten Elfen seit beinahe hundert Jahren, die im Kampf ihr Leben ließen. Als ich sah, wie Fäolin fiel, begriff ich, dass das Schlimmste am Krieg nicht ist, selbst verwundet zu werden, sondern mitansehen zu müssen, wie andere, die man gern hat, verletzt werden. Das war eine Lektion, die ich eigentlich schon bei den Varden gelernt zu haben glaubte, als die Männer und Frauen, die ich achtete, einer nach dem anderen durch Schwerter, Pfeile, Gift, Unfälle oder an Altersschwäche starben. Diese Verluste hatten mich allerdings nicht so persönlich getroffen. Als es dann passierte, dachte ich: ›Jetzt muss ich sicher auch sterben.‹ Denn in welche Gefahren Fäolin und ich auch geraten waren, wir hatten sie stets gemeinsam überlebt, und wenn er diesmal nicht davongekommen war, warum sollte es dann mir gelingen?«
Eragon merkte, dass sie weinte, dicke Tränen rannen ihr aus den Augenwinkeln die Schläfen hinab ins Haar. Im Licht der Sterne sahen sie aus wie Rinnsale aus versilbertem Glas. Die Tiefe ihrer Trauer erschreckte ihn. Er hatte nicht gedacht, dass man bei ihr eine solche Reaktion hervorrufen konnte, noch hatte er es beabsichtigt.
»Und dann kam Gil’ead«, fuhr sie fort. »Das waren die längsten Tage meines Lebens. Fäolin war nicht mehr, ich wusste nicht, ob sich Saphiras Ei in Sicherheit befand oder ob ich es unbeabsichtigt wieder in Galbatorix’ Hände gespielt hatte, und Durza … Durza stillte die Blutgier der Geister, die ihn beherrschten, indem er mir die schrecklichsten Dinge antat, die ihm einfielen. Manchmal, wenn er zu weit ging, heilte er mich hinterher, damit er am nächsten Morgen von Neuem anfangen konnte. Wenn er mir irgendeine Chance gelassen hätte, zur Besinnung zu kommen, hätte ich vielleicht meinen Kerkermeister überlisten können, so wie du, und das Mittel nicht genommen, das mich daran hinderte, meine Magie zu benutzen. Aber ich hatte ja nie mehr als ein paar Stunden Ruhe.
Durza brauchte nicht mehr Schlaf als du oder ich und er stürzte sich auf mich, wann immer ich bei Bewusstsein war und es seine anderen Pflichten erlaubten. Wenn er mich bearbeitete, war jede Sekunde so lang wie eine Stunde, jede Stunde so lang wie eine Woche und jeder Tag eine Ewigkeit. Er war vorsichtig, damit er mich nicht in den Wahnsinn trieb - das hätte Galbatorix nicht gefallen -, aber er war nah dran, verdammt nah. Ich fing an, Vögel singen zu hören, wo keine waren, und Dinge zu sehen, die es gar nicht gab. Einmal durchflutete goldenes Licht meine Zelle und mir wurde ganz warm. Als ich aufschaute, stellte ich fest, dass ich hoch oben in einem Baum auf einem Ast saß, in der Nähe des Zentrums von Ellesméra. Es war kurz vor Sonnenuntergang und die ganze Stadt leuchtete, als stünde sie in Flammen. Die Äthalvard sangen auf dem Weg unter mir, und alles war so ruhig und friedlich und so schön, dass ich am liebsten für immer dort geblieben wäre. Aber dann schwand das Licht und ich lag wieder auf meiner Pritsche … Das hatte ich völlig vergessen... aber da war einmal ein Soldat, der ließ eine weiße Rose in meiner Zelle liegen. Das war das einzige Mal, dass irgendjemand in Gil’ead nett zu mir war. In dieser Nacht schlug die Rose Wurzeln und wurde zu einem riesigen Rosenstock, der an der Wand hinaufkletterte, sich einen Weg durch die Steinblöcke an der Decke sprengte und sich aus dem Kerker hinaus ins Freie kämpfte. Dann wuchs er weiter, bis er an den Mond stieß und als großer gewundener Turm dastand, der eine Fluchtmöglichkeit versprach, wenn ich nur hätte aufstehen können. Ich versuchte es mit jedem bisschen Kraft, das ich noch hatte, aber es gelang mir nicht, und als ich wegschaute, verschwand der Rosenbusch... Das war mein Geisteszustand, als du von mir geträumt hast und ich deine Gegenwart über mir schwebend spürte. Kein Wunder, dass ich das Gefühl nur für eine weitere Täuschung hielt.«
Sie lächelte matt. »Und dann kamst du, Eragon. Du und Saphira. Nachdem mich schon alle Hoffnung verlassen hatte und ich kurz davor stand, zu Galbatorix nach Urû’baen gebracht zu werden, kam ein Drachenreiter, um mich zu retten. Ein Reiter und ein Drache!«
»Und Morzans Sohn«, sagte er. »Morzans beide Söhne.«
»Nenn es, wie du willst. Es war eine so unwahrscheinliche Rettung, dass ich gelegentlich denke, ich bin verrückt geworden und bilde mir seitdem alles nur ein.«
Sie tupfte sich mit dem linken Ärmel die Augen trocken. »Als ich in Farthen Dûr aufgewacht bin, gab es viel zu viel für mich zu tun, um mich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Aber die jüngsten Ereignisse waren so finster und blutig, dass ich mich zunehmend dabei ertappe, wie ich mich an Dinge erinnere, über die ich besser nicht mehr nachdenken sollte. Sie machen mich wütend und bringen mich durcheinander und ich habe keine Geduld mehr für die alltäglichen Herausforderungen des Lebens.« Sie kniete sich hin und legte die Hände rechts und links neben sich auf den Boden, um sich zu beruhigen. »Du sagst, ich wandle allein. Die Elfen neigen nicht dazu, Freundschaften so offen zu zeigen wie Menschen und Zwerge, und ich war immer schon ein Einzelgänger. Aber wenn du mich vor Gil’ead gekannt hättest, so wie ich früher war, würdest du mich nicht für distanziert und verschlossen halten. Damals konnte ich singen und tanzen und hatte nicht ständig das Gefühl, etwas Verhängnisvolles stünde bevor.«
Eragon legte die rechte Hand auf ihre linke. »In den alten Heldengeschichten wird nie erwähnt, dass das der Preis ist, wenn man mit den Ungeheuern der Finsternis und den Abgründen des Geistes ringt. Denk einfach weiter an die Gärten der Tialdarí-Halle, dann geht es dir bestimmt wieder gut.«
Arya ließ die Berührung fast eine Minute lang zu, während der Eragon keine wilde Leidenschaft empfand, sondern einfach nur tiefe Zuneigung. Er machte keinen Versuch, sie zu bedrängen, denn ihr Vertrauen war ihm wichtiger als alles andere auf der Welt, mit Ausnahme seiner Verbindung zu Saphira, und er wäre lieber in die Schlacht gezogen, als es aufs Spiel zu setzen. Dann hob Arya die Hand ein wenig an und er zog seine ohne Murren zurück.
In dem sehnlichen Wunsch, sie ein wenig aufzuheitern, sah Eragon auf den Boden neben sich und murmelte dann so leise, dass es fast nicht zu hören war: »Loivissa.« Von der Kraft des wahren Namens geleitet, durchkämmte er die Erde um seine Füße herum, bis sich seine Finger um das schlossen, was er suchte: eine dünne papierartige Scheibe, halb so groß wie der Nagel seines kleinen Fingers. Mit angehaltenem Atem legte er sie sich, so behutsam er konnte, in die rechte Handfläche genau auf die Gedwëy Ignasia. Dann rief er sich, um ja keinen Fehler zu machen, noch einmal ins Gedächtnis, was Oromis ihm über die Beschwörung beigebracht hatte, die er gleich sprechen wollte, und fing nach Elfenart weich und fließend zu singen an:
Eldhrimner O Loivissa nuanen, Dautr abr Deloi, 
Eldhrimner nen ono weohnataí medh Solus un Thringa, 
Eldhrimner un fortha onr Fëon Vara, 
Wiol allr sjon.
 
Eldhrimner O Loivissa nuanen...
Wieder und wieder intonierte Eragon diese vier Zeilen über dem braunen Blättchen in seiner Hand. Die winzige Scheibe zitterte und schwoll allmählich zu einer Kugel an. Aus ihrer Unterseite sprossen ein bis zwei Zoll lange weiße Wurzeln, die ihn kitzelten, und oben bohrte sich ein dünner grüner Stängel durch die Schale und wuchs auf sein Drängen hin fast einen Fuß in die Höhe. Seitlich bildete sich ein einzelnes großes flaches Blatt. Dann blähte sich die Spitze des Stängels auf, neigte sich und spaltete sich nach einem Augenblick scheinbarer Untätigkeit in fünf Teile, die sich nach außen bogen und die wächsernen Blütenblätter einer glockenförmigen hellblauen Lilie freigaben.
Als die Blume ihre volle Größe erreicht hatte, ließ Eragon den Energiestrom verebben und betrachtete sein Kunstwerk. Das Besingen von Pflanzen auf magische Weise war eine Fertigkeit, die fast jeder Elf von Kindesbeinen an beherrschte, aber Eragon hatte es erst ein paarmal versucht und war sich nicht sicher gewesen, was dabei herauskommen würde. Der Zauber hatte ihm einen hohen Preis abverlangt. Die Lilie erforderte ein erstaunliches Maß an Energie, um das Wachstum von eineinhalb Jahren zu bündeln.
Zufrieden mit seinem Werk, hielt er Arya die Lilie hin. »Es ist zwar keine weiße Rose, aber...«, sagte er achselzuckend und lächelte verlegen.
»Das hättest du nicht tun sollen. Aber ich freue mich, dass du es getan hast.« Sie strich zärtlich über die Unterseite der Blüte und hob sie leicht an, um daran zu riechen. Die Kummerfalten in ihrem Gesicht glätteten sich und sie bewunderte die Blume ein paar Minuten lang. Dann grub sie neben sich ein Loch in die Erde und pflanzte die Zwiebel ein. Während sie erneut über die Blütenblätter strich und die Lilie betrachtete, sagte sie: »Danke. Einander Blumen zu schenken, ist ein Brauch, den unsere beiden Völker gemeinsam haben, aber wir Elfen messen ihm größere Bedeutung bei als die Menschen. Er steht für alles, was gut ist: Leben, Schönheit, Wiedergeburt, Freundschaft und noch viel mehr. Ich erkläre dir das, damit du verstehst, wie viel mir dieses Geschenk bedeutet. Du konntest es nicht wissen, aber...«
»Ich habe es gewusst.«
Arya sah ihn forschend an, wie um festzustellen, worauf er hinauswollte. »Verzeih mir. Das ist schon das zweite Mal, dass ich vergessen habe, was du alles bei uns gelernt hast. Es soll nicht noch einmal vorkommen.«
Dann wiederholte sie ihren Dank in der alten Sprache, und Eragon erwiderte - ebenfalls in der alten Sprache -, es sei ihm ein Vergnügen gewesen und er freue sich, dass ihr sein Geschenk gefalle. Dabei zitterte er ein wenig, denn er hatte Hunger, obwohl sie gerade erst gegessen hatten. Arya bemerkte es und sagte: »Wenn in Aren noch irgendwelche Energie schlummert, dann nutze sie, um dich zu stärken.«
Eragon musste einen Augenblick nachdenken, bis ihm einfiel, dass Aren der Name von Broms Ring war. Er hatte ihn zum ersten Mal von Islanzadi gehört, an dem Tag, als er in Ellesméra angekommen war. Mein Ring, sagte er sich. Und ich sollte aufhören, von ihm als Broms Ring zu denken. Er warf einen skeptischen Blick auf den großen Saphir, der in der goldenen Fassung an seinem Finger funkelte. »Ich weiß nicht, ob noch Energie in ihm steckt. Ich selbst habe nie etwas auf den Ring übertragen und auch nicht nachgesehen, ob Brom es getan hat.« Noch während er sprach, streckte er sein Bewusstsein nach dem Saphir aus. Sobald es mit dem Stein in Berührung kam, spürte er einen gewaltigen Energiewirbel. Vor seinem inneren Auge pulsierte der Saphir vor Kraft und er wunderte sich, dass der Stein nicht unter der geballten Spannung zerbarst. Und nachdem er sich bedient hatte, um Kummer und Erschöpfung fortzuspülen und seine Glieder wieder zu kräftigen, war die Schatztruhe im Innern von Aren immer noch fast voll.
Mit prickelnder Haut löste Eragon schließlich die Verbindung zu dem Edelstein. Hocherfreut über seine Entdeckung und das plötzliche Wohlgefühl, lachte er laut auf und erzählte Arya von seinem Fund. »Brom muss die ganze Zeit über, in der er sich in Carvahall versteckt hielt, jedes bisschen Energie, das er erübrigen konnte, in dem Schmuckstück gespeichert haben.« Er lachte erneut vor Vergnügen. »All die Jahre... Mit der Energie, die Aren in sich trägt, könnte ich ein ganzes Schloss mit einem einzigen Zauber niederreißen.«
»Als Saphira schlüpfte, wusste er, dass er die Energie brauchen würde, um den neuen Drachenreiter zu schützen«, erklärte Arya. »Außerdem bin ich sicher, dass der Ring auch ihn beschützt hat, wenn er mit einem Schatten oder einem ähnlich mächtigen Gegner kämpfen musste. Es war kein Zufall, dass er fast ein ganzes Jahrhundert lang seine Feinde abwehren konnte... An deiner Stelle würde ich mir die Energie, die er dir hinterlassen hat, für die Stunde der größten Not aufheben und sie mehren, wann immer ich kann. Das ist ein unglaublich wertvoller Schatz, den du nicht verschwenden solltest.«
Nein, dachte Eragon, das werde ich auch nicht. Er drehte den Ring hin und her und erfreute sich an seinem Glanz im Feuerschein. Seit Murtagh Zar’roc gestohlen hat, sind der Ring, Saphiras Sattel und Schneefeuer die einzigen Dinge, die ich noch von Brom habe. Und obwohl die Zwerge Schneefeuer aus Farthen Dûr mitgebracht haben, reite ich ihn inzwischen kaum noch. Aren ist wirklich das Einzige, was mich an ihn erinnert... mein einziges Erbstück. Ich wünschte, er wäre noch am Leben! Ich hatte nie Gelegenheit, mich mit ihm über Oromis, Murtagh oder meinen Vater zu unterhalten oder... ach, die Liste ist endlos. Was würde er wohl von meinen Gefühlen für Arya halten? Eragon schnaubte. Ich weiß, was er sagen würde. Dass ich ein verliebter Narr bin und meine Zeit mit einer hoffnungslosen Angelegenheit verschwende... Und damit hätte er wohl recht, aber was soll ich machen? Sie ist die einzige Frau, mit der ich zusammen sein möchte.
Das Feuer knisterte und ein Funkenregen schoss empor. Er schaute mit halb geschlossenen Augen zu und dachte über Aryas Worte nach. Dann kehrten seine Gedanken zu einer Frage zurück, die ihn schon seit der Schlacht auf den Brennenden Steppen beschäftigte. »Arya, wachsen männliche Drachen eigentlich schneller als weibliche?«
»Nein. Warum fragst du?«
»Wegen Dorn. Er ist erst ein paar Monate alt und schon fast so groß wie Saphira. Das verstehe ich nicht.«
Arya pflückte einen vertrockneten Grashalm und fing an, gewundene Schriftzeichen aus der Elfensprache, der Liduen Kvaedhí, in den losen Sand zu malen. »Wahrscheinlich hat Galbatorix sein Wachstum beschleunigt, sodass er mit Saphira mithalten kann.«
»Ach so... Aber ist das nicht gefährlich? Oromis hat mir erklärt, dass wenn er mich auf magische Weise mit Kraft, Geschwindigkeit, Ausdauer und allem anderen ausstatten würde, was ich brauche, ich diese Fähigkeiten nie so gut beherrschen würde, als wenn ich sie auf dem normalen Weg erlange: durch harte Arbeit. Und er hatte recht. Noch heute irritieren mich manche Veränderungen, die die Drachen beim Agaetí Blödhren an meinem Körper durchgeführt haben.«
Arya nickte und fuhr fort, Schriftzeichen in den Sand zu kratzen. »Es ist möglich, die unerwünschten Nebenwirkungen zu reduzieren, aber das ist eine lange und anstrengende Prozedur. Wenn du deinen Körper zu wahrer Meisterschaft formen willst, ist es immer noch am besten, sie mit gewöhnlichen Mitteln zu erreichen. Der Wandel, den Galbatorix Dorn aufgezwungen hat, muss für den Drachen ungeheuer verwirrend sein. Er hat jetzt den Körper eines fast ausgewachsenen Tieres, aber sein Verstand ist immer noch der eines Welpen.«
Eragon betastete die neuen Höcker an seinen Fingerknöcheln. »Weißt du vielleicht auch, warum Murtagh so mächtig ist... viel mächtiger als ich?«
»Wenn ich es wüsste, würde ich zweifellos auch verstehen, wie es Galbatorix gelungen ist, seine eigene Kraft auf ein so unnatürliches Ausmaß zu steigern. Aber leider weiß ich es nicht.«
Oromis weiß es, dachte Eragon. Zumindest hatte der Elf so etwas angedeutet. Aber er musste es Eragon und Saphira erst noch verraten. Sobald sie nach Du Weldenvarden zurückkehren konnten, wollte er den älteren Drachenreiter danach fragen. Er muss es uns jetzt sagen! Murtagh konnte uns nur besiegen, weil wir es nicht wussten, und er hätte uns leicht zu Galbatorix verschleppen können. Fast hätte er Arya von Oromis’ Andeutung erzählt, aber er hielt den Mund. Er hatte gerade begriffen, dass der Elf diese entscheidende Information nicht über hundert Jahre für sich behalten hätte, wenn Verschwiegenheit hier nicht von allergrößter Wichtigkeit wäre.
Arya setzte jetzt ein Schlusszeichen an das Ende des Satzes, den sie auf den Boden geschrieben hatte. Eragon beugte sich zu ihr hinüber und las:Umhertreibend auf den Meereswellen der Zeit, wandert der einsame Gott von Küste zu Küste, um die Gesetze des Sternenhimmels zu bewahren.
»Was bedeutet das?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie und verwischte die Zeile mit einer Armbewegung.
»Wie kommt es eigentlich«, fragte er bedächtig, während er seine Gedanken ordnete, »dass nirgends die Namen der abtrünnigen Drachen genannt werden? Wir sagen ›Morzans Drache‹ oder ›Kialandís Drache‹, aber wir nennen sie nie beim Namen. Sie waren doch sicher genauso wichtig wie ihre Reiter! Ich kann mich nicht mal daran erinnern, die Namen in den Schriftrollen gelesen zu haben, die mir Oromis gegeben hat... dabei müssen sie doch drinstehen... ja, da bin ich ganz sicher, aber aus irgendeinem Grund habe ich sie nicht behalten. Ist das nicht seltsam?« Arya wollte antworten, aber noch bevor sie den Mund öffnen konnte, sagte Eragon: »Jetzt bin ich zum ersten Mal froh, dass Saphira nicht hier ist. Ich schäme mich, dass mir das nicht schon früher aufgefallen ist. Selbst du, Arya, und Oromis und alle anderen Elfen, die ich kennengelernt habe, nennen sie nicht beim Namen, als wären sie gefühllose Tiere, die diese Ehre nicht verdienen. Tut ihr das absichtlich? Weil sie eure Feinde sind?«
»War davon in keiner deiner Lektionen die Rede?«, fragte Arya. Sie schien aufrichtig erstaunt.
»Ich glaube«, sagte er, »Glaedr hat Saphira gegenüber einmal etwas davon erwähnt, aber da bin ich nicht ganz sicher. Ich war gerade mitten im Tanz von Schlange und Kranich, deshalb habe ich nicht darauf geachtet, was Saphira tat.« Er lachte etwas verlegen und hatte das Gefühl, ihr das erklären zu müssen. »Manchmal war es ganz schön verwirrend. Oromis redete mit mir, während ich auf Saphiras Gedanken horchte, die sich mit Glaedr unterhielt. Und was es noch schlimmer machte: Glaedr benutzt nur selten Sprache im eigentlichen Sinn, wenn er mit Saphira kommuniziert. Er hat die Angewohnheit, eher Bilder, Gerüche und Empfindungen zu verwenden als Worte. Und statt Namen übermittelt er ihr Eindrücke von den Leuten und Dingen, die er meint.«
»Kannst du dich an gar nichts erinnern, was er sagte? Ob Worte oder nicht?«
Eragon zögerte. »Nur daran, dass es um einen Namen ging, der kein Name war oder so ähnlich. Ich konnte mir keinen Reim darauf machen.«
»Was er gemeint hat«, sagte Arya, »war Du Namar Aurboda, die Verbannung der Namen.«
»Die Verbannung der Namen?«
Sie griff nach dem vertrockneten Grashalm und schrieb wieder etwas in den Sand. »Das war eins der bedeutendsten Ereignisse, die während der Kämpfe zwischen den Drachenreitern und den Abtrünnigen stattgefunden haben. Als die Drachen erkannten, dass dreizehn von ihnen sie verraten hatten - dass diese dreizehn Galbatorix halfen, den Rest ihrer Gattung auszuradieren, und es ziemlich unwahrscheinlich war, dass sie irgendjemand in ihrer Raserei stoppen konnte -, wurden sie wütend. So wütend, dass sie ihre Kräfte bündelten und einen ihrer unerklärlichen Zauber vollbrachten. Gemeinsam beraubten sie die Verräter ihrer Namen.«
Eragon erstarrte in Ehrfurcht. »Wie war das möglich?«
»Hab ich nicht gerade gesagt, es war unerklärlich? Wir wissen nur, dass niemand mehr die Namen der dreizehn aussprechen konnte, nachdem die Drachen ihren Zauber gewirkt hatten. Diejenigen, die sich noch an die Namen erinnerten, vergaßen sie bald. Und obwohl man sie in Schriftrollen und Briefen, in denen sie aufgezeichnet sind, lesen und sogar abschreiben kann, wenn man immer nur ein Schriftzeichen auf einmal betrachtet, kommen sie einem doch vor wie Kauderwelsch. Die Drachen haben lediglich Jarnunvösk, Galbatorix’ ersten Drachen, verschont, weil es ja nicht seine Schuld war, dass er von Urgals getötet wurde, und Shruikan, weil er Galbatorix nicht freiwillig dient, sondern von Galbatorix und Morzan dazu gezwungen wurde.«
Was für ein schreckliches Schicksal, seinen Namen zu verlieren, dachte Eragon. Er fröstelte. Wenn ich eine Sache gelernt habe, seit ich ein Drachenreiter geworden bin, dann, dass man nie und nimmer einen Drachen zum Feind haben will. »Und was ist mit ihren wahren Namen? Haben sie die auch ausgelöscht?«
Arya nickte. »Wahre Namen, Geburtsnamen, Spitznamen, Familiennamen, Titel, alles. Sie waren danach kaum noch mehr als gewöhnliche Tiere und konnten nicht mal sagen: ›Ich mag dies‹ oder ›Ich verabscheue jenes‹ oder ›Ich habe grüne Schuppen‹, denn das hätte ja bedeutet, dass sie sich selbst benennen. Sie konnten sich nicht mal mehr Drachen nennen. Wort für Wort zerstörte der Zauber alles, was sie zu denkenden Kreaturen machte, und die Abtrünnigen hatten keine andere Wahl, als hilflos zuzusehen, wie ihre Drachen in völliger Unwissenheit versanken. Diese Erfahrung war so niederschmetternd, dass darüber mindestens fünf von den dreizehn Drachen und etliche der Abtrünnigen verrückt geworden sind.« Arya hielt inne, um die Form eines Schriftzeichens zu betrachten, dann verwischte sie es und malte es neu. »Die Verbannung der Namen ist der hauptsächliche Grund dafür, dass heute so viele Leute glauben, Drachen seien nichts weiter als Transporttiere, um sich von einem Ort zum anderen zu bewegen.«
»Das würden sie nicht denken, wenn sie Saphira einmal begegnet wären«, sagte Eragon.
Arya lächelte. »Nein.« Mit einem Schnörkel vollendete sie den Satz. Er reckte den Hals und rückte näher, um die Zeichen zu entziffern. Da stand:Der Betrüger, der Verleumder, der Taktiker, der mit den vielen Gesichtern, der das Leben im Tod findet und kein Unheil fürchtet; er, der durch Türen geht.
»Was hat dich dazu inspiriert?«
»Der Gedanke, dass viele Dinge nicht das sind, was sie zu sein scheinen.« Staub wirbelte um ihre Hand herum auf, als sie die Schrift auslöschte.
»Hat irgendjemand schon mal versucht, Galbatorix’ wahren Namen zu erraten?«, fragte Eragon. »Mir scheint, das wäre der einfachste Weg, diesen Krieg zu beenden. Um ehrlich zu sein, ich glaube, es ist vielleicht die einzige Hoffnung für uns, ihn im Kampf zu besiegen.«
»Warst du zuvor nicht ehrlich zu mir?«, fragte Arya und ihre Augen funkelten.
Ihre Frage brachte ihn zum Schmunzeln. »Natürlich. Das ist doch nur eine Redewendung.«
»Und eine ziemlich armselige dazu«, gab sie zurück. »Außer du bist ein gewohnheitsmäßiger Lügner.«
Eragon wusste einen Moment lang nicht weiter, dann fand er den Gesprächsfaden wieder. »Ich weiß, es wird schwer, Galbatorix’ wahren Namen herauszubekommen, aber wenn alle Elfen und alle Varden, die die alte Sprache kennen, danach suchen würden, müssten wir ihn doch finden.«
Wie ein blasses Fähnchen hing der vertrocknete Grashalm zwischen Aryas Daumen und Zeigefinger. Er zitterte bei jedem Pulsschlag. Sie zwickte mit der anderen Hand in seine Spitze und riss den Halm der Länge nach auseinander, dann tat sie dasselbe mit den beiden Hälften. Schließlich flocht sie die Streifen zu einem steifen Stab. »Galbatorix’ wahrer Name ist kein großes Geheimnis. Drei verschiedene Elfen - ein Drachenreiter und zwei gewöhnliche Magier - haben ihn ganz allein und im Abstand von vielen Jahren entdeckt.«
»Was?!«, rief Eragon.
Ungerührt pflückte Arya einen neuen Grashalm, riss ihn in Streifen, die sie in die Lücken des Stabes einfügte und ebenfalls verflocht. »Wir können nur darüber spekulieren, ob Galbatorix seinen wahren Namen kennt oder nicht. Ich bin der Meinung, er kennt ihn nicht, denn wie er auch lauten mag, sein wahrer Name muss so schrecklich sein, dass er es nicht überleben würde, ihn zu hören.«
»Es sei denn, er ist so böse oder so wahnsinnig, dass ihn die Wahrheit über seine Untaten nicht berühren kann.«
»Vielleicht.« Ihre zarten Finger bewegten sich so schnell beim Biegen, Flechten und Weben, dass sie fast nicht mehr zu sehen waren. Sie pflückte noch zwei Grashalme. »So oder so weiß Galbatorix, dass er einen wahren Namen hat wie alle Geschöpfe und Dinge und dass er eine mögliche Schwachstelle ist. Irgendwann bevor er seinen Feldzug gegen die Drachenreiter antrat, hat er einen Zauber gewirkt, der jeden tötet, der seinen wahren Namen benutzt. Und da wir nicht genau wissen, wie dieser Zauber tötet, können wir uns nicht gegen ihn wappnen. Du siehst also, warum wir unsere Nachforschungen fast eingestellt haben. Oromis ist einer der wenigen, die mutig genug sind weiterzusuchen, wenn auch auf ziemlich umständliche Art.« Mit zufriedener Miene streckte sie die geöffnete Handfläche aus, auf der ein erlesenes kleines Schiff aus grünen und weißen Gräsern saß. Es war nicht mehr als vier Zoll lang, aber so detailreich, dass Eragon Ruderbänke, eine winzige Reling und Bullaugen in der Größe von Himbeerkernen erkennen konnte. Der gebogene Bug ähnelte der Form eines sich aufbäumenden Drachenkopfes. Und es besaß einen einzigen Mast.
»Es ist wunderschön«, sagte er.
Arya beugte sich vor und murmelte: »Flauga.« Sie blies behutsam über das Schiff und es stieg von ihrer Hand auf und segelte einmal um das Feuer herum. Dann nahm es Fahrt auf, stieg nach oben und verschwand in den funkelnden Tiefen des Nachthimmels.
»Wie lange wird es unterwegs sein?«
»Für immer«, sagte sie. »Es holt sich die Energie von den Pflanzen unter sich. Überall, wo Pflanzen sind, kann es fliegen.«
Die Vorstellung verwirrte Eragon, und er fand es auch ziemlich traurig, dass das hübsche Grasschiff bis in alle Ewigkeit zwischen den Wolken umherreisen würde, nur in der Gesellschaft von Vögeln. »Stell dir vor, was die Leute in späteren Jahren für Geschichten darüber erzählen werden.«
Arya faltete die Hände, wie um sie davon abzuhalten, etwas anderes zu tun. »Es gibt viele solcher Merkwürdigkeiten auf der Welt. Je länger du lebst und je weiter du reist, desto mehr von ihnen wirst du begegnen.«
Eragon schaute eine Weile verträumt ins flackernde Feuer, dann sagte er: »Wenn es so wichtig ist, seinen wahren Namen für sich zu behalten, soll ich dann einen Zauber aussprechen, der Galbatorix daran hindert, meinen wahren Namen gegen mich einzusetzen?«
»Wenn du willst«, sagte Arya, »aber ich bezweifle, dass es nötig ist. Die wahren Namen sind nicht so leicht herauszufinden, wie du denkst. Galbatorix kennt dich nicht gut genug, um deinen Namen zu erraten, und wenn er schon in deinem Innern wäre und jeden deiner Gedanken ausforschen könnte, dann wärst du längst an ihn verloren, wahrer Name hin oder her. Wenn es dich irgendwie tröstet, ich bezweifle sogar, dass ichdeinen wahren Namen erahnen könnte.«
»Nein?« Er war gleichzeitig froh und enttäuscht, dass sie glaubte, irgendein Teil von ihm wäre für sie ein Rätsel.
Sie sah ihn an, dann schlug sie die Augen nieder. »Nein, ich glaube nicht. Könntest du meinen herausfinden?«
»Nein.«
Stille hüllte das Lager ein. Über ihnen leuchteten die Sterne kalt und klar. Von Osten kam Wind auf. Er fuhr über die Ebene, peitschte das Gras und heulte mit dünner, lang gezogener Stimme, als beklage er den Verlust einer Geliebten. Er entfachte das Feuer von Neuem und trieb einen Funkenregen nach Westen davon. Eragon zog die Schultern hoch und schloss den Kragen seines Wamses enger um den Hals. Der Wind hatte etwas Unfreundliches an sich. Er nagte mit ungewohnter Heftigkeit an ihm und schien ihn und Arya vom Rest der Welt zu isolieren. Sie saßen bewegungslos da, gestrandet auf ihrer winzigen Insel aus Licht und Wärme, während der gewaltige Strom aus Luft an ihnen vorbeizog und seinen Schmerz in das einsame weite Land brüllte.
Als die Windböen heftiger wurden und die Funken weiter vom Feuer wegtrugen, streute Arya eine Handvoll Sand auf die Zweige. Eragon kniete sich neben sie und schaufelte mit beiden Händen, um den Prozess zu beschleunigen. Als das Feuer gelöscht war, hatte er Schwierigkeiten, etwas zu erkennen. Die Landschaft wirkte gespenstisch, voller tanzender Schatten, undeutlicher Silhouetten und silbriger Blätter.
Arya war gerade dabei, aufzustehen, hielt dann aber in halb gebückter Stellung inne, die Arme ausgestreckt, um das Gleichgewicht zu halten. Höchste Aufmerksamkeit zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. Eragon spürte es ebenfalls: Die Luft war aufgeladen wie bei einem heraufziehenden Gewitter. Die Härchen auf seinen Handrücken stellten sich auf und zitterten im Wind.
»Was ist los?«, fragte er.
»Wir werden beobachtet. Egal was passiert, benutze keine Magie oder du könntest uns damit umbringen.«
»Wer...«
»Pst!«
Er tastete herum, fand einen faustgroßen Stein, riss ihn aus dem Boden und wog ihn in der Hand.
In der Ferne tauchte ein Bündel glühender bunter Lichter auf. Sie schossen dicht über dem Gras auf das Lager zu. Als sie näher kamen, sah er, dass sie ständig größer und kleiner wurden - von einer winzigen Perle wuchsen sie zu einer Kugel von mehreren Fuß Durchmesser an und schrumpften dann wieder -, auch die Farbe wechselte durch alle Schattierungen des Regenbogens. Jede Kugel war von einem knisternden Strahlenkranz umgeben, einem Hof aus flüssigen Fühlern, die um sich schlugen und peitschten, als könnten sie es gar nicht erwarten, dass sich irgendetwas in ihrem Griff verfing. Die Lichter bewegten sich so schnell, dass er nicht genau feststellen konnte, wie viele es waren, aber er schätzte, ungefähr zwei Dutzend. Sie wirbelten ins Lager und bildeten eine flirrende Mauer um ihn und Arya. Die Geschwindigkeit, mit der sie sich drehten, zusammen mit dem Sperrfeuer pulsierender Farben machte Eragon schwindlig und er musste sich mit der Hand am Boden abstützen. Das Sirren war jetzt so laut, dass ihm die Zähne klapperten. Er hatte einen metallischen Geschmack auf der Zunge und die Haare standen ihm zu Berge. Arya ging es genauso, nur dass ihr Haar viel länger war. Als er zu ihr hinübersah, fand er den Anblick so komisch, dass er nur mit Mühe ein Lachen unterdrücken konnte.
»Was wollen die von uns?«, rief er, doch sie antwortete nicht.
Eine einzelne Kugel löste sich aus der Wand und schwebte auf Augenhöhe vor Arya. Sie zog sich zusammen und dehnte sich aus wie ein schlagendes Herz und wechselte dabei von Königsblau nach Smaragdgrün mit gelegentlichen roten Blitzen. Einer der Fühler wand sich um eine Haarsträhne von Arya. Es gab einen scharfen Knall und einen Moment lang leuchtete die Haarsträhne wie ein Sonnensplitter, dann war sie verschwunden. Eragon stieg der Geruch von verbranntem Haar in die Nase.
Arya zuckte nicht mit der Wimper. Mit gelassener Miene hob sie den Arm und legte, bevor Eragon sie daran hindern konnte, die Hand auf die leuchtende Kugel. Die Kugel wurde golden und weiß und schwoll an, bis sie mehr als drei Fuß Durchmesser hatte. Arya schloss die Augen und legte den Kopf in den Nacken; strahlende Freude überzog ihr Gesicht. Sie bewegte die Lippen, aber Eragon konnte nicht hören, was sie sagte. Als sie endete, flammte die Kugel blutrot auf und wechselte dann in schneller Folge über Rot, Grün, Lila und Orange zu einem so strahlenden Blau, dass er den Blick abwenden musste. Schließlich nahm sie ein tiefes Schwarz an, das von einem Kranz zuckender weißer Ausläufer umgeben war, wie die Sonne während einer Sonnenfinsternis. Dann hörte die Erscheinung auf, sich zu verändern, als könne keine Farbe ihre Stimmung angemessen wiedergeben.
Sie glitt von Arya fort zu Eragon, ein schwarzes Loch im Gefüge der Erde, umgeben von einer Flammenkrone. Sie schwebte vor ihm und brummte so intensiv, dass ihm die Augen tränten. Seine Zunge schien mit Kupfer überzogen zu sein, die Haut kribbelte und kleine Blitze tanzten auf seinen Fingerspitzen. Ein bisschen erschrocken fragte er sich, ob er die Kugel ebenfalls berühren sollte wie Arya. Er sah sie Hilfe suchend an. Sie nickte und bedeutete ihm weiterzumachen.
Da streckte er die rechte Hand nach der Kugel aus und zu seiner Überraschung verspürte er Widerstand. Die Kugel war körperlos, drückte aber gegen seine Hand wie ein Wasserstrahl. Je näher er ihr kam, desto stärker wurde der Druck. Mit einiger Anstrengung überwand er die letzten paar Zoll und kam mit dem Zentrum des Gebildes in Berührung.
Bläuliche Strahlen schossen zwischen Eragons Handfläche und der Kugeloberfläche hin und her, eine blendende, fächerartige Erscheinung, die das Licht der anderen Kugeln überstrahlte und alles in ein blasses Blauweiß tauchte. Eragon schrie vor Schmerz auf, als sich die Strahlen in seine Augen bohrten, und zog blinzelnd den Kopf ein. Dann bewegte sich etwas im Innern der Kugel, als erwache ein zusammengerollter Drache aus dem Schlaf, und ein fremdartiges Wesen drang in sein Bewusstsein ein, fegte seinen Schutzwall weg wie trockenes Laub in einem Herbststurm. Er keuchte. Überirdische Freude erfüllte ihn. Was auch immer diese Kugel war, sie schien aus purer Glückseligkeit zu bestehen. Sie freute sich ihres Lebens und alles um sie herum entzückte sie, mal mehr, mal weniger. Eragon hätte vor lauter Glück weinen mögen, doch er hatte jetzt keine Kontrolle mehr über seinen Körper. Das Wesen hielt ihn aufrecht und die schimmernden Strahlen flackerten noch immer unter seiner Hand hervor, während es durch seine Knochen und Muskeln huschte, sich ein wenig an den Stellen aufhielt, wo er verletzt gewesen war, um dann in seinen Geist zurückzukehren. Trotz seiner Euphorie kam Eragon die Gegenwart des Wesens so seltsam und gespenstisch vor, dass er ihr entfliehen wollte, doch in seinem Bewusstsein gab es kein Versteck. Und so musste er in enger Verbindung mit der feurigen Seele stehen, während die Kugel mit der Geschwindigkeit eines Elfenpfeils seine Erinnerungen durchforstete. Er fragte sich, wie sie so schnell so viele Informationen aufnehmen konnte. Währenddessen wollte er seinerseits den Geist des Eindringlings erforschen, um so viel wie möglich über dessen Natur und Ursprung zu erfahren, aber das Geschöpf wehrte sich gegen seine Versuche, es zu verstehen. Die wenigen Eindrücke, die er erhaschte, waren so fremdartig, dass sie ihm unverständlich blieben.
Nach einer letzten, nahezu sekundenschnellen Rundreise durch seinen Körper zog sich das Wesen zurück und die Verbindung brach ab, als wäre ein Seil unter zu hoher Spannung gerissen. Der Strahlenkranz um Eragons Hand verblasste, und zurück blieb ein grelles pinkfarbenes Nachbild, das über sein Blickfeld zuckte.
Die Kugel vor Eragons Nase wechselte erneut die Farbe, schrumpfte auf die Größe eines Apfels zusammen und reihte sich wieder in den pulsierenden Lichtwirbel seiner Gefährten ein, der Eragon und Arya umgab. Das Sirren schwoll zu einem fast unerträglichen Lärm an, dann explodierte der Wirbel und versprengte die flackernden Kugeln in alle Windrichtungen. Etwa hundert Fuß von dem schummrigen Lager entfernt schlossen sie sich wieder zusammen und purzelten dabei übereinander wie spielende Kätzchen. Dann verschwanden sie rasend schnell nach Süden, als hätte es sie nie gegeben. Der Wind legte sich und wurde zu einer sanften Brise.
Eragon fiel auf die Knie und reckte die Arme in die Richtung, in der die Erscheinung verschwunden war. Er fühlte sich so leer ohne das Glücksgefühl, das sie ihm geschenkt hatte. »Was...«, fragte er. Dann musste er erst einmal kräftig husten, so trocken war seine Kehle. »Was war das?«
»Geister«, sagte Arya und setzte sich.
»Die Geister, die aus Durza fuhren, als ich ihn getötet habe, sahen aber anders aus.«
»Geister können nach Lust und Laune ganz unterschiedliche Gestalten annehmen.«
Er blinzelte und wischte sich mit dem Fingerrücken über die Augenwinkel. »Wie kann man es bloß ertragen, sie mit Hexerei zu versklaven? Das ist ungeheuerlich. Ich würde mich schämen, mich einen Magier zu nennen. Und Trianna brüstet sich immer damit, einer zu sein. Ich werde ihr verbieten, Geister zu benutzen, sonst werde ich sie aus der Du Vrangr Gata hinauswerfen und Nasuada bitten, sie aus den Reihen der Varden zu verbannen.«
»Nicht so hastig!«
»Du findest es doch sicher auch nicht richtig, dass Magier Geister dazu zwingen, ihrem Willen zu gehorchen... Sie sind so wunderschön...« Er brach ab und schüttelte den Kopf, von seinen Gefühlen überwältigt. »Man sollte jeden, der ihnen etwas antut, verprügeln.«
Mit dem Anflug eines Lächelns sagte Arya: »Ich nehme an, Oromis hatte das Thema noch nicht angesprochen, als du mit Saphira Ellesméra verlassen hast.«
»Wenn du die Geister meinst, die hat er ein paarmal erwähnt.«
»Aber offensichtlich nicht sehr ausgiebig.«
»Kann sein.«
Ihre Silhouette verschob sich im Dunkeln, als sie sich auf einen Ellbogen stützte. »Geister lösen immer ein Gefühl der Verzückung aus, wenn sie mit uns, die wir aus Materie bestehen, in Verbindung treten, aber lass dich davon nicht täuschen. Sie sind nicht so wohlmeinend, entgegenkommend und vergnügt, wie sie es dich glauben machen wollen. Es gehört zu ihrer Verteidigungsstrategie, diejenigen, mit denen sie interagieren müssen, bei Laune zu halten. Sie können es nicht ausstehen, an einem Ort festgehalten zu werden, und haben schon vor langer Zeit gemerkt, dass die Glücklichen weniger dazu neigen, sie einzusperren und als Dienstboten zu halten.«
»Ich weiß nicht«, erwiderte Eragon. »Sie machen einen so froh, dass ich mir vorstellen kann, man möchte sie eher in seiner Nähe haben, als sie gehen zu lassen.«
Sie zuckte mit den Schultern. »Geister haben genauso große Schwierigkeiten, unser Verhalten einzuschätzen, wie wir ihres. Sie haben so wenig mit den anderen Völkern von Alagaësia gemein, dass eine Verständigung mit ihnen immer riskant ist. Jedes Treffen steckt voller Gefahren, denn man weiß nie, wie sie reagieren.«
»Das erklärt alles nicht, warum ich Trianna nicht von dieser Art von Zauberei abhalten soll.«
»Hast du mal gesehen, wie sie die Geister dazu bringt, ihren Willen zu erfüllen?«
»Nein.«
»Das dachte ich mir. Trianna ist seit fast sechs Jahren bei den Varden und hat in dieser Zeit ihr Können genau einmal unter Beweis gestellt, und das auch erst nach vielem Zureden von Ajihad und großem Widerstand und eingehender Vorbereitung ihrerseits. Sie besitzt die nötigen Fähigkeiten - sie ist kein Scharlatan -, aber Geisterbeschwörung ist äußerst gefährlich und man befasst sich nicht leichtfertig damit.«
Eragon rieb sich die leuchtende Handfläche mit dem linken Daumen. Der Lichtschein veränderte sich ein wenig, da die Haut jetzt stärker durchblutet wurde, aber trotz aller Anstrengung ließ die Leuchtkraft nicht nach. Er kratzte sich mit den Fingernägeln über die Gedwëy Ignasia.Hoffentlich hält das nicht länger als ein paar Stunden an, dachte er. Ich kann ja nicht als wandelnde Laterne herumlaufen. Das kostet mich womöglich das Leben. Und albern sieht es auch aus. Wer hat denn jemals von einem leuchtenden Drachenreiter gehört?
Er dachte daran, was Brom ihm einmal erzählt hatte. »Es sind keine menschlichen Geister, nicht wahr? Noch die von Elfen oder Zwergen oder anderen Kreaturen. Das heißt, es sind keine toten Seelen. Das, wozu wir werden, wenn wir sterben.«
»Nein. Ich weiß, jetzt wirst du als Nächstes fragen, was sie dann sind. Bitte nicht. Diese Frage sollte dir Oromis beantworten, nicht ich. Das Studium dieser Art von Zauberei ist lang und mühsam, wenn man es ordentlich betreibt, und sollte mit Sorgfalt in Angriff genommen werden. Ich möchte nichts sagen, was womöglich Oromis’ Unterrichtsplanung durcheinanderbringt. Und ich will vor allem nicht, dass du irgendetwas ausprobierst, was ich erwähnt habe, und dich verletzt, nur weil dir die richtige Anleitung fehlt.«
»Und wann werde ich wohl nach Ellesméra zurückkehren?«, wollte er wissen. »Ich kann die Varden nicht noch einmal im Stich lassen, nicht solange Dorn und Murtagh am Leben sind. Bis wir das Imperium besiegt haben oder das Imperium uns, müssen Saphira und ich Nasuada unterstützen. Wenn Oromis und Glaedr unsere Ausbildung tatsächlich beenden wollen, dann sollen sie doch zu uns kommen und Galbatorix soll verflucht sein!«
»Bitte, Eragon«, sagte sie. »Dieser Krieg wird nicht so schnell zu Ende sein, wie du denkst. Das Imperium ist groß und wir haben bisher lediglich an den Rändern gekratzt. Solange Galbatorix nichts von Oromis und Glaedr weiß, sind wir im Vorteil.«
»Was ist das für ein Vorteil, wenn sie nie von ihrem Wissen und ihren Fähigkeiten Gebrauch machen?«, brummte er. Sie antwortete nicht und im nächsten Augenblick kam ihm sein Gejammer schon kindisch vor. Oromis und Glaedr brannten mehr als irgendjemand sonst darauf, Galbatorix zu vernichten, und wenn sie es vorzogen, in Ellesméra auf den richtigen Zeitpunkt zu warten, dann hatten sie gute Gründe dafür. Eragon hätte sogar ein paar davon nennen können, wenn er gewollt hätte. Vor allem den, dass Oromis keine Zauber wirken konnte, die große Mengen an Energie erforderten.
Fröstelnd zog er sich die Ärmel bis über die Finger und verschränkte die Arme. »Was hast du dem Geist erzählt?«
»Er war neugierig, warum wir magische Kräfte benutzt haben. Das hat sie auf uns aufmerksam gemacht. Ich habe es ihm erklärt und auch, dass du derjenige warst, der die Geister befreit hat, die in Durza gefangen waren. Das hat ihnen anscheinend sehr gefallen.« Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Arya rutschte zu der Lilie und berührte sie erneut. »Oh!«, sagte sie. »Sie waren wirklich dankbar. Naina!«
Auf ihr Wort erhellte ein sanftes Licht das Lager, und er sah, dass der Stängel und das Blatt der Pflanze aus massivem Gold waren. Die Blütenblätter bestanden aus einem weißlichen Metall, das er nicht kannte, und als Arya die Blüte nach oben bog, sah es aus, als wäre der Blütenkelch aus Rubinen und Diamanten geschnitzt. Verblüfft fuhr Eragon mit dem Finger über das gebogene Blatt und die metallenen Härchen kitzelten ihn. Als er sich vorbeugte, konnte er jede Unebenheit, jede Rille, Vertiefung und Ader und jedes winzige Detail erkennen, mit dem er die Pflanze verziert hatte. Nur war jetzt alles aus Gold.
»Es ist eine perfekte Kopie!«, sagte er.
»Und sie ist immer noch lebendig.«
»Nein!« Konzentriert suchte er nach den leisen Anzeichen von Wärme und Bewegung, die beweisen würden, dass diese Lilie mehr war als ein lebloser Gegenstand. Da waren sie, so deutlich, wie sie bei einer Pflanze während der Nacht nur sein konnten. Erneut betastete er das Blatt und sagte: »Das übersteigt alles, was ich über Magie weiß. Diese Lilie müsste eigentlich tot sein. Stattdessen blüht und gedeiht sie. Ich kann mir gar nicht vorstellen, was man alles aufwenden muss, um eine Pflanze in lebendiges Metall zu verwandeln. Vielleicht würde Saphira es ja zuwege bringen, aber sie könnte den Zauberspruch natürlich niemanden lehren.«
»Die wirklich interessante Frage ist doch«, sagte Arya, »ob diese Pflanze fruchtbare Samen hervorbringen wird.«
»Du meinst, sie könnte sich ausbreiten?«
»Es würde mich nicht wundern. Es gibt unzählige Beispiele für Magie in Alagaësia, die sich selbst aufrechterhält, wie den schwimmenden Kristall auf der Insel Eoam und die Traumzisterne in Manis Kavernen. Es wäre auch nicht unwahrscheinlicher als eins dieser Phänomene.«
»Das Dumme ist nur, wenn irgendjemand diese Blume oder ihre Ableger entdeckt, wird er sie alle ausbuddeln. Sämtliche Schatzjäger des Landes würden herkommen, um die goldenen Lilien zu pflücken.«
»So leicht wird man sie nicht ausrotten können, glaube ich. Aber das kann nur die Zeit mit Sicherheit zeigen.«
Eragon spürte, wie ein Lachen in ihm aufstieg. Seine Fröhlichkeit kannte fast keine Grenzen mehr: »Ich habe dieses Sprichwort schon mal gehört: ›die Lilie zu vergolden‹, aber hier haben die Geister es wörtlich genommen. Sie haben wirklich die Lilie vergoldet!« Sein Gelächter schallte über die leere Ebene hinweg.
Aryas Lippen zuckten. »Aber sie haben es gut gemeint. Wir können ihnen nicht vorwerfen, dass sie die Redewendungen der Menschen nicht kennen.«
»Nein, aber... ha, ha, ha!«
Arya schnippte mit dem Finger und der schwache Lichtschein erlosch. »Jetzt haben wir fast die ganze Nacht verplaudert. Es wird Zeit, uns auszuruhen. Die Morgendämmerung ist nicht mehr fern und dann müssen wir aufbrechen.«
Eragon streckte sich auf einem weichen Moosflecken aus, und während er noch immer leise lachte, glitt er ins Land seiner Wachträume hinüber.

 

 

Die Weisheit des Feuers
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